Beinwell |

Blüten des Gewöhnlichen Beinwell

Die Blüten stehen in blattlosen Wickeln
Die Merkmale der ca. 20 Arten umfassenden Gattung sind folgende: Es handelt sich um kräftige, rau behaarte Kräuter mit aufrechtem Stängel, der kantig bis geflügelt sein kann. Die Blätter sind spitz eirund, gestielt oder sitzend. Kelch und Krone sind 5-zähnig. Die Kronröhre ist walzig oder trichterförmig, blau, rosa oder violett, selten gelb. In ihrer Mündung befinden sich dreieckige Schlundschuppen und 5 Staubblätter, die ungefähr in der Mitte mit der Kronröhre verwachsen sind. Der 4-teilige Fruchtknoten besteht aus 2 verwachsenen Fruchtblättern. Sein Griffel ragt aus der Kronröhre hinaus.
Blütenformel: |
* K5 [C(5) A5] G(2) oberständig |
Es werden die für Raublattgewächse typischen Klausenfrüchte gebildet. Verbreitet ist die Gattung durch die Kultivierung von Futter-Beinwell weltweit.
Charakterisierung
Der Gewöhnliche Beinwell spaltet sich in zahlreiche Unterarten auf. In Norddeutschland gibt es nur die eine: Symphytum officinale. In Gebieten, wo mehrere Unterarten vorkommen, kreuzen sich diese häufig untereinander und sind dann kaum noch ohne molekularbiologische Untersuchungen zu bestimmen.
Aber nicht nur die Unterarten des Gewöhnlichen Beinwell bilden fruchtbare Nachkommen, auch verschiedene Arten hybridisieren leicht miteinander. So entstand der Futter-Beinwell aus den Elternarten S. aspersum und S. officinale ssp. uliginosum. Wegen der zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten ist es selbst für Experten auf diesem Gebiet schwierig, eine Beinwell-Art eindeutig zu charakterisieren. Oft ist es unerlässlich, neben den äußeren Merkmalen die Chromosomenzahl zu bestimmen.
Beinwell als Heil- und Giftpflanze
Wie bereits erwähnt, wurde der Gewöhnliche Beinwell heilkundlich eingesetzt. Ob er tatsächlich Knochenbrüche schneller verheilen lässt, ist wohl Glaubenssache, doch kann er Schmerzen bei Gelenkerkrankungen wie Gicht oder Arthrose lindern und hilft bei Hautkrankheiten, Krampfadern, Blutergüssen, Rheuma, Wunden und Quetschungen.
Dazu zerstößt man die frische Wurzel und evtl. einige Blätter, bringt die Paste auf die schmerzende Stelle, bedeckt sie mit einem Tuch und lässt sie mehrere Stunden einwirken. In Apotheken bekommt man Beinwellwurzelpulver, das man alternativ zur frischen Wurzel verwenden kann und auch nutzen sollte.
Alle Teile der Pflanze enthalten ein in sehr geringen Mengen vorkommendes, giftiges Alkaloid, das in hoher Dosierung zu Leberschäden oder sogar -krebs führen kann. 1988 wurden deshalb Naturheilmittel zur Einnahme, die Beinwell enthielten, vom Bundesgesundheitsamt verboten. Davon ausgenommen sind homöopathische Produkte.
Historische Veröffentlichungen
Dioskurides schrieb im 1. Jh. n. Chr. über das Symphyton, es würde auch Pekten und von den Römern Solidago genannt. Der Stängel und die Blätter seien wollig behaart und würden Jucken verursachen. Die Wurzeln wären außen schwarz und innen weiß und schleimig. Er empfiehlt die Wurzel gegen Blutspeien und gegen Abszesse. Als Umschlag wirke die Pflanze gegen Entzündungen und heile frische Wunden. Zusammen mit Fleisch gekocht entstehe ein Gel.
Etwa um die gleiche Zeit beschrieb Plinius eine Pflanze, die auch Alum genannt werde und bei den Griechen Symphytum petraeum hieße. Die Wurzel sei lang und rötlich. Die Pflanze besitze so starke wundheilende Kräfte, dass sie, gemeinsam mit Fleisch gekocht, dieses zusammenkleben würde. Außerdem heile sie Knochenbrüche.
Hildegard von Bingen (1098–1179) schrieb über die „Consolida", wenn ein Mensch sie ohne Vernunft esse, zerstöre er alle Säfte, die in ihm seien. Wenn aber ein Organ verwundet oder geschwürig ist, und er esse Beinwell, so folge er dem daraus austretenden Schleim und heile es oben auf der Haut. Nicht richtig angewendet heile der Beinwell von außen die Geschwüre und würde Fauliges nach innen schicken.
Leonhart Fuchs (1501–1566) unterteilte die „Walwurz" in Männchen mit braunen Blüten und Weibchen mit weißgelben. Sie solle von Wundärzten in Ehren gehalten werden aufgrund ihrer vielen Heilwirkungen. Die Wurzel mit „Creützwurtzblättern" (Kreuz-Enzian, Gentiana cruciata) zerstoßen und aufgelegt lösche „die Hitze des Afters".
Bedeutung der Artnamen
- officinale: lat. officinalis = offizinell (als Arznei gebräuchlich)
- uplandicum: in Uppland vorkommend (Uppland ist eine ehemalige Provinz in Schweden)
Interessantes am Rande
Im Emsland wird der Beinwell wegen seiner im Innern weißen und schleimigen Wurzel auch „Speckwoddel" genannt.
Wie der Borretsch enthält der Beinwell in geringer Konzentration giftige Pyrrolizidinalkaloide. Sehr sparsam gebraucht können beide Pflanzen jedoch zum Würzen verwendet werden. Während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte aber darauf verzichtet werden.
Präparate mit Symphytum officinale werden als Gele oder Salben zur äußerlichen Anwendung, und als Nahrungsergänzungsmittel für Tiere gehandelt.