| Taubnesseln | 

Blüten der Roten Taubnessel (Lamium purpureum)

Blüten der Stängelumfassenden Taubnessel (Lamium amplexicaule)

Blüte der Silberblättrigen Goldnessel (Lamium argentatum)
Es existieren ca. 45 verschiedene Arten, die in Eurasien und Nordafrika beheimatet sind und über die ganze Welt, hauptsächlich nach Nordamerika, verschleppt wurden.
Die Pflanzen erinnern in ihrem Habitus an Brennnesseln, sind während der Blütezeit aber leicht von diesen zu unterscheiden und besitzen keine Brennhaare.
Pflanzen dieser Gattung sind einjährige bis ausdauernde Kräuter. Die Stängelblätter sind nesselartig, der ist Stängel vierkantig und hohl, oft rötlich überlaufen. Die Blüten stehen in dichten Scheinquirlen in den Achseln der Tragblätter.
Die Blüte ist zweilippig, wobei die Unterlippe dreilappig ist (mittlerer Lappen groß, seitliche Lappen oft sehr klein). Die Oberlippe ist helmförmig gewölbt. Die Staubblätter sind meist behaart. Der Fruchtknoten ist aus zwei Fruchtblättern verwachsen. Durch Einziehen einer zweiten Scheidewand wird er vierfächerig. Zwischen den vier gewölbten sog. „Klausen" (Teilfrüchten) steht der Griffel. Der Kelch ist fünfzähnig.
| Blütenformel: | 
| ↓ K(5) [C(5) A4] G(2) oberständig | 
Im Fall der Befruchtung reift der vierfächerige Fruchtknoten heran und zerfällt in vier Nüsschen. Sie tragen ein fettreiches Anhängsel, das sog. Elaiosom, das gerne von Ameisen gefressen wird. Sie transportieren die Klausen in ihren Bau, fressen dort das Elaiosom und tragen sie wieder aus dem Bau hinaus.
Von einigen Autoren wird die Gattung in Lamium und Galeobdolon aufgeteilt, wobei Lamium-Arten eine 2-lappige oder ganzrandige Unterlippe mit 2 seitlichen Anhängen zeigen, Galeobdolon-Arten dagegen eine deutlich 3-lappige Unterlippe aufweisen.
Bestäubung
Die Bestäubung der Taubnesseln übernehmen überwiegend Hummeln, die mit ihrem Rüssel an den tief liegenden Nektar herankommen. Sie landen auf der Unterlippe, die häufig auffällige Saftmale trägt. Dadurch betätigen sie einen Hebelmechanismus, der die Staubblätter absinken lässt, wodurch Pollen auf dem Rücken des Insekts abgeladen werden. Die Narbe liegt während des Blütenbesuches zu weit oben, um den Pollen aufzunehmen, das verhindert Selbstbestäubung. Erst bei älteren Blüten senkt sich der Griffel, so dass ein mit Pollen beladenes Tier die Blüte bestäuben kann.
Der Mensch kann den Nektar genießen, indem er die Blüten abzupft und an der Blütenröhre saugt. Kurzrüsselige Erdhummeln beißen seitlich Löcher in die Röhre und gelangen so an den süßen Saft („Nektarräuber"). In diesen Fällen bleibt die Blüte unbestäubt.
Historische Veröffentlichungen
Plinius (ca. 23–79 n. Chr.) beschreibt in seinem Werk Naturalis historia verschiedene Brennnesselarten: „Diejenige, die nicht sticht, heißt Lamium".
Hildegard von Bingen (1098–1179) schreibt über „de Binsuga" (Bienensaug), ein Mensch, der sie esse, lache gerne, weil ihre Wärme die Milz berühre und dadurch das Herz erfreue. Wem das Weiße im Auge wachse, der reiße sie mit Wurzeln aus und lege sie über Nacht in eine sprudelnde Quelle, dann nehme man sie heraus, erwärme sie und lege sie sich drei Nächte lang warm auf die Augen.
Es ist jedoch nicht sicher, ob die hl. Hildegard wirklich die Taubnessel gemeint hat, oder doch eher die Melisse.
Leonhart Fuchs (1501–1566) berichtete: Die Taub- oder Todtnessel wurde von Plinius Lamium genannt, heute nenne man sie Urtica iners et mortua. Sie würde deswegen so genannt, weil ihre Blätter ganz tot seien und niemanden den sie angreift brennen würden.
Sie gäbe es in drei Geschlechtern: mit weißen Blüten, das sei das echte Lamium, (Lamium album) eins mit gelben (L. galeobdolon) und eins mit purpurbraunen Blüten (L. purpureum oder L. maculatum). Er empfiehlt die zerstoßenen Blätter gegen Geschwülste, Kröpfe, Knollen oder Beulen einzunehmen. Gegen Nasenbluten solle man sie sich in den Nacken binden. Taubnesseln hätten ähnliche Wirkungen wie echte Nesseln.
Bedeutung der Artnamen
- album: lat. albus = weiß
- argentatum: lat. argentatus = silbrig
Interessantes am Rande
- Taubnesseln besitzen volkstümliche Namen wie z.B. Bienensaug, Blumennessel, Tote Nessel, Wurmnessel oder Kuckucksnessel. 
- Im Hochmittelalter nannte man die Pflanze „Tumbe Nessel". „Tumb" hieß damals soviel wie „stumpf sein" bzw. „stumpfsinnig", woraus sich die Bedeutungen „dumm" und „taub und stumm" entwickelten. Als dumm galt die Pflanze, weil sie sich nicht zur Wehr setzt wie die Brennnessel. Ein besserer Name wäre also eigentlich „Dummnessel". Auf Plattdeutsch heißt sie tatsächlich „Doofnettel". 
- Dass die Taubnessel aber gar nicht so doof ist, zeigt sich gerade in ihrer Ähnlichkeit mit den Brennnesseln. Die Arten sind nicht näher miteinander verwandt, sie gehören völlig verschiedenen Familien an. Die Tarnung schützt die Taubnessel aber vor Tierfraß. Dabei handelt es sich um Mimikry, wie man sie eigentlich nur aus dem Tierreich kennt. 
- Verschiedene Taubnesselarten und -sorten werden gerne in Naturgärten angepflanzt. Sowohl zur Zierde, als auch als Gemüse- und Heilpflanzen.