Primeln |

Primula veris, die Echte oder auch Frühlings-Schlüsselblume
Der deutsche Name „Schlüsselblumen“ bezieht sich auf die Form der Blütenkronen einiger Arten, die an die röhrenförmigen Schlüssel zum Aufziehen alter Uhren erinnern.
Die Primeln zählen etwa 500 Arten und sind größtenteils in den gemäßigten Zonen der nördlichen Hemisphäre zu finden; dort hauptsächlich in Gebirgen. Primeln sind meist ausdauernde Pflanzen mit Wurzelstöcken oder Ausläufern. Die meist einfachen, seltener eingeschnittenen oder gelappten, oft mehlig bestäubten Blätter stehen meist in einer basalen Rosette, seltener werden Stängelblätter ausgebildet.
Die mit Hochblättern ausgestatteten Blüten sind doldig, rispig, kopfig oder ährig angeordnet, selten stehen sie durch Reduktion der Blütenstände einzeln. Die 5 Kelchblätter sind röhrig oder glockenförmig verwachsen. Die ausgebreitete oder glockenförmige Krone ist 5-lappig mit zylindrischer Röhre am Grund, die länger als der Kelch ist. Die 5 Staubblätter entspringen der Kronröhre. Der aus 5 Fruchtblättern bestehende Fruchtknoten trägt einen Griffel mit kopfiger Narbe. Nach der Bestäubung durch Falter, Bienen oder Hummeln bildet sich eine vielsamige, rundliche oder zylindrische Kapselfrucht, die oben mit 5 oder 10 Zähnen aufspringt, zerfällt oder sich mit einem Deckel öffnet.
| Blütenformel: |
| * K(5) [C(5) A5] G(5) oberständig |
Häufig sind die Blüten der Primeln distyl, d. h. die selbe Art bildet bei verschiedenen Individuen zwei unterschiedliche Blütenformen in etwa gleicher Anzahl aus. Die erste, im Englischen „pin“ genannt, bildet lange Griffel und kurze Staubblätter aus, die in der Mitte der Kronröhre ansetzen. Die zweite (engl. „thrum“) kurze Griffel und lange Staubblätter, die weiter oberhalb inserieren. Die Staubblätter der „pin“ befinden sich auf gleicher Höhe wie die Narbe der „thrum“ und umgekehrt. Eine erfolgreiche Bestäubung gelingt nur, wenn Pollen einer „pin“ auf die Narbe einer „thrum“ gelangt oder andersherum. Dieser Mechanismus verhindert Selbstbestäubung.
Historische Veröffentlichungen
Den antiken Autoren wie Theophrast, Dioskurides oder Plinius war die Primel nicht bekannt, da sie in ihrem Einzugsgebiet nicht vorkam. Sie erscheint erstmalig in mittelalterlichen europäischen Kräuterbüchern.
Hildegard von Bingen (1098–1179) schrieb über die Schlüsselblume (Primula veris, P. elatior), sie empfange ihre Kraft von der Sonne und unterdrücke daher Melancholie. Diese mache den Menschen unruhig und lasse ihn Worte gegen Gott aussprechen. Das wiederum würde Luftgeister anlocken, die ihn durch Einflüsterungen in den Irrsinn trieben. Die Primel auf die Haut und auf das Herz aufgelegt würde die Geister vertreiben.
Gegen Lähmungen empfahl die Äbtissin das Kraut in ein Getränk zu legen bis es den Geschmack annehme und häufig davon zu trinken.
Leonhart Fuchs (1501–1566) behandelte die Schlüsselblumen (Primula veris, P. elatior) in seinem Kräuterbuch zusammen mit den Königskerzen (Verbascum) und schrieb beiden Gattungen ähnliche medizinische Wirkungen zu. Schlüsselblumen würden Geschwüre unterdrücken und ein Absud würde Male und Runzeln auf der Haut verschwinden lassen, wenn man sich damit wasche.
Bedeutung des Artnamens
- veris: lat. ver = Frühling, Gen. veris = des Frühlings
Interessantes am Rande
Die Garten-Aurikel (Primula × pubescens) wird etwa seit dem Mittelalter kultiviert und in vielen Sorten angeboten. Auch verschiedene Hybriden und Züchtungen z. B. von Primula vulgaris werden als Gartenpflanzen gehandelt.
Primula obconica, die Becher- oder Giftprimel, besitzt auf der Blattunterseite und am Schaft lange, leicht brechende Drüsenhaare, die ein Sekret enthalten, in dem das Benzochinonderivat Primin enthalten ist. Es kann bei empfindlichen Menschen starke Reizungen der Haut hervorrufen.
Alle in Deutschland wild vorkommenden Primula-Arten stehen nach der Bundesartenschutzverordnung unter Naturschutz.
Wurzeln und Blüten von Primula veris werden in Form von Tee gegen Erkrankungen der Atemwege eingesetzt. Die Pflanzenteile werden hauptsächlich in südosteuropäischen Ländern gesammelt und verarbeitet.
Verschiedene Primelarten dienen den Raupen des Schlüsselblumen-Würfelfalters (Hamearis lucina), der im Emsland allerdings nicht heimisch ist, als Nahrungspflanzen.