Abkürzungen in botanischen Artnamen

In wissenschaftlichen Artikeln werden oft Kürzel verwendet, deren Bedeutungen sich dem Laien nicht sofort erschließen. Nehmen wir z.B. die Schwarz-Möhre. Der botanische Name lautet: „Daucus carota ssp. sativus var. atrorubens Alef.“




Daucus ist der Gattungsname (gr. für Möhre), carota der Artname (lat. für Möhre), sativus die Unterart (lat. für angepflanzt, gesät), atrorubens die Varietät (lat. für dunkelrot) und Alef. ist das Kürzel des Erstbeschreibers (Friedrich Georg Christoph Alefeld).

Hier folgt eine Liste der gängigsten Abkürzungen innerhalb wissenschaftlicher Bezeichnungen:

agg. = aggregatum = Artengruppe (Gruppe relativ schwer unterscheidbarer Kleinarten)
Beispiel: Achillea millefolium agg. = Artengruppe Gewöhnliche Schafgarbe
agsp. = agamospecies = Agamospezies (Arten, die sich ungeschlechtlich vermehren)
Beispiel: Ficaria verna agsp. bulbifera = Scharbockskraut
auct.
= auctor = Autor (ein oder mehrere Autoren verwendeten den Artnamen in diesem Sinn, obwohl der Erstbeschreiber eine andere Art meinte)
Beispiel: Festuca caesia auct.
aut. siehe auct.
cf. = confer = vergleiche (Artbestimmung unsicher)
Beispiel: Euphrasia cf. stricta = evtl. Steifer Augentrost
conf. siehe cf.
convar. = convarietas = Konvarietät (steht unterhalb der Subspezies (ssp.) und oberhalb der Varietät (var.) und bezeichnet kultivierte Sorten)
Beispiel: Brassica oleracea convar. acephala = Kohlrabi
cult. siehe cv.
cv. = cultivarietas = Kulturvarietät (kultivierte Zierpflanzen-Sorte, wird heute meist in einfachen Anführungszeichen angegeben)
Beispiel: Iris laevigata cv. Snowdrift = Iris laevigata ‚Snowdrift‘ = Japanische Wasserschwertlilie (weiß)
f. = forma = Form (steht unterhalb der Varietät (var.) und wird seltener in der Botanik als im Pflanzenhandel verwendet)
Beispiel: Brassica rapa ssp. rapa f. teltowiensis = Teltower Rübchen
hort. = hortorum = der Gärten (kennzeichnet Zierpflanzen, deren Namensgeber nicht zu ermitteln sind)
Beispiel: Aquilegia alpina hort. = Kulturform der Alpen-Akelei
l. = lusus = Spielart (kennzeichnet geringe Abweichungen vom Typus. Vgl. auch varietas (var.))
Beispiel: Epipactis purpurata lus. rosea = Albino der Violetten Stendelwurz
lus. siehe l.
sect. = sectio = Sektion (steht unterhalb der Untergattung und oberhalb der Untersektion)
ser. = series = Serie (steht unterhalb der Untersektion und oberhalb der Unterserie)
s.l. = sensu lato = im weiten Sinn (kennzeichnet formenreiche Arten und schließt Kleinarten mit ein)
Beispiel: Alchemilla vulgaris L. s.l. = Artengruppe Gewöhnlicher Frauenmantel
sp. siehe spec.
spec. = species indeterminata = Art unsicher (kennzeichnet nur bis zur Gattung bestimmte Arten)
Beispiel: Euphorbia spec. = Wolfsmilch-Art
spp. schließt mehrere Arten einer Gattung ein.
Beispiel: Centaurea spp. = mehrere Flockenblumen-Arten
ssp. = subspecies = Unterart (steht unterhalb der Art und oberhalb der Varietät (var.) bzw. Konvarietät (convar.))
Beispiel: Plantago major ssp. intermedia = Vielsamiger Breit-Wegerich




s.str. = sensu stricto = im engen Sinn (kennzeichnet formenreiche Arten, schließt aber eng verwandte Kleinarten aus)
Beispiel: Ranunculus polyanthemos L. s.str. = Vielblütiger Hain-Hahnenfuß
subgen. = subgenus = Untergattung (steht unterhalb der Gattung und oberhalb der Sektion)
subsect. = subsectio = Untersektion (steht unterhalb der Sektion und oberhalb der Serie)
subser. = subseries = Unterserie (steht unterhalb der Serie)
subsp. siehe ssp.
v. siehe var.
var. = varietas = Varietät (steht unterhalb der Unterart (ssp.) bzw. der Konvarietät (convar.) und oberhalb der Form (f.) und kennzeichnet geringe Abweichungen vom Typus, z.B. in der Behaarung. Vgl. auch lusus (l.))
Beispiel: Calluna vulgaris var. hirsuta = Rauhaarige Besenheide
x bezeichnet eine Kreuzung zweier, in Ausnahmefällen auch eine Kreuzung aus mehr als zwei Arten.
Beispiel: Achillea x kellereri (Achillea clypeolata x pseudopectinata) = Zwergschafgarbe

Falls jemand auf Kürzel stößt, die hier nicht erklärt sind, dann lasst es mich bitte wissen, ich nehme sie dann gerne in die Liste auf.




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11 Antworten zu Abkürzungen in botanischen Artnamen

  1. Simone Mayrhofer sagt:

    Habe mich sehr gefreut endlich mal eine Sammlung von botanischen Abkürzungen mit Beschreibung zu finden.
    Da Sie sich scheinbar mit Taxonomie sehr gut auskennen und Ihr Blog die Möglichkeit eröffnet eine Frage zu stellen, mache ich das einfach mal.
    Also ich arbeite mit einer Datenbank zur Verwaltung von biologischen Funden und bin da für die botanischen Funde zuständig. Bei der Eingabe stellt sich mir immer die Frage, was nun eigentlich als eigene Art gilt. Das ist vor allem dann ausschlaggebend, wenn man Artenzahlen für ein bestimmtes Gebiet abfragt.
    Agg. Fasse ich als einen Überbegriff für mehrere Arten auf und zählt meiner Meinung daher nicht als eigene Art. Bei „s.l.“ und vor allem „s.str.“ sieht das schon anders aus. In meinem Bestimmungsbuch (Fischer, 2008: Exkursionsflora Ö, Lichtenstein, Südtirol) steht beispielsweise Aconitum variegatum (s.str.) als eigener Punkt. Darunter werden die Unterarten und Varietäten aufgezählt. Zählt A. variegatum (s.str.) als eigene Art? Gibt es ein A.variegatum (ohne s.str.) dann überhaupt?
    Ich würd ja meinen dass A. variegatum (s.str.) ein Sammelbegriff für die Unterarten u Varietäten ist – und folglich dann auch keine eigene Art. Aber braucht nicht jede Unterart auch eine Art wo sie dazugehört? Außerdem würde A.variegatum (s.str.) bei einer Abfrage nach Artenzahlen sonst ganz rausfallen (und Unterarten berücksichtigt man bei solchen Abfragen ja meist auch nicht)…
    Ich hoffe ich habe mein Problem jetzt nicht zu verwirrend beschrieben – ist ja ein sehr komplexes Thema. Und ich hoffe natürlich auch, dass Sie mir hier weiterhelfen können. In einem Forum habe ich meine Frage schon gepostet, allerdings war die Antwort nicht zufriedenstellend.
    Ich freue mich daher von Ihnen zu hören und verbleibe mit
    Lieben Grüßen
    Simone

  2. David sagt:

    Hallo Simone,

    das mit dem Aggregat hast du richtig geschildert, das ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche, aber meist schwer zu unterscheidende Arten. Auch „s.l.“ bedeutet eigentlich nichts anderes, als dass es sich um einen Artenkomplex handelt, und kann synonym zu „agg.“ verwendet werden.

    „S.str.“ steht jedoch immer für eine bestimmte Art, so auch bei Aconitum variegatum s.str.
    A. variegatum s.l. oder A. variegatum agg. bezeichnet einen weit gefassten Artbegriff und schließt A. degenii, A. variegatum s.str. und A. pilipes ein.

    A. variegatum ohne irgendein Suffix kann also das gesamte Aggregat meinen, oder aber die eng gefasste Art. Das muss man dann aus dem Kontext erschließen. Werden zusätzlich A. degenii und/oder A. pilipes erwähnt, so ist damit A. variegatum s.str. gemeint.

    Ich hoffe, ich konnte etwas Klarheit schaffen, bei weiteren Fragen bin ich gerne weiterhin behilflich.

    LG,
    David

  3. Simone Mayrhofer sagt:

    Hallo David,
    vielen lieben Dank für die Beantwortung meiner Frage. Das klärt einiges…
    Lg Simone

  4. Bitte um Erläuterung des Begriffes ex, z.B. bei
    Rosa froebelii Christ ex Froebel
    Der offizielle Erstbeschreiber ist wohl Froebel, obwohl Christ den Namen schon verwendet hat. Mir ist meist nicht klar, hat der Erstgenannte (Christ) die gleiche Art beschrieben oder nur den Namen verwendet, für eine andere Art.

  5. David sagt:

    Hallo Rudolf,

    Christ ist in diesem Fall derjenige, der das Taxon erstmalig benannt hat, Fröbel dagegen publizierte (im Nachhinein) die gültige Artbeschreibung. „Ex“ wird häufig verwendet, wenn nicht eindeutig bestimmt werden kann, wer der wahre Autor ist.

    Grüße,
    David

  6. Anonym sagt:

    Tippfehler bei auct.: verwedeten – n fehlt.
    Danke für die nützliche Seite!

  7. David sagt:

    Danke für den Hinweis, habe es korrigiert.

  8. Irene Bock sagt:

    Ich bitte um die Erklärung (und Übersetzunge wahrscheinlich aus dem Lateinischen) der Abkürzung h. v. und h. f. hinter einem Pflanzennamen.
    Beispiel: Paphiopedilum callosum h. v. thailandense (danach folgt der Kultivarname)
    Beispiel : Paph. callosum h.f. vinicolor (danach folgt der Kultivarname)

  9. David sagt:

    Die Abkürzungen stammen nicht aus dem Lateinischen, sondern aus dem Englischen. Soweit ich weiß sind die Begriffe seit 1951 veraltet, was jedoch nicht bedeuten muss, dass sie in der Orchideenzucht nicht mehr verwendet werden. Das „h.“ steht für „hydrocultural“, also in Hydrokultur angebaut. „H.v.“ bedeutet wörtlich „hydrocultural variety“, also eine Varietät, die sich in der Hydrokultur manifestiert hat, das können kleine Veränderungen sein, ich könnte mir z.B. vorstellen, dass es ein Muster in der Blüte betrifft, aber wie gesagt, ich bin kein Orchideenexperte. Eine Stufe darunter steht „h.f.“ = „hydrocultural form“. Das wäre eine noch kleinere Veränderdung, z.B. eine leichte Farbveränderung in dem Blütenmuster. Diese Abkürzungen sind sehr speziell und betreffen nur ein Teilgebiet der Pflanzenzucht, trotzdem hoffe ich, etwas Licht in die Sache gebracht zu haben.

  10. Master Horticulturist Rossy Fleischer sagt:

    h.f.

    Wird hier fachlich glaube ich nicht korrekt kommentiert. Es steht für horticultural form.
    Wird wieder Zunehmender eingesetzt, zumindest bei den Orchideen, weil nicht jeder mit den überarbeiteten Namen bei KEW einverstanden ist.
    Manche Pflanzen wurden nun unter der gleichen Gattung und Art zusammengefasst, sehen aber doch deutlich different aus. Für Orchideen Sammler und Kultivateure ist daher das h.f. Weg unterschiedlich Phänptypen, die jedoch fast identische Genotypen sind zu unterscheiden.

  11. David sagt:

    Danke für Ihre Expertise.

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