Mein neues Spielzeug

Wer für seine Fotoausrüstung Geld ausgeben möchte, dem stehen nach oben hin alle Tore offen. Neulich war ich sogar so weit, für ein Makroobjektiv mit stärkerer Vergrößerung bis zu 1000 Euro auf den viel zitierten Tisch zu blättern, wenn es denn nur eines geben würde. Zwar gibt es für meine Canon EOS 1200D ein Lupenobjektiv, doch was nützt einen das, wenn man die Hälfte der möglichen Vergrößerungen nicht nutzen kann, weil kein Licht mehr dazwischen passt? – Eben – sehr wenig.



So muss man sich mit Zwischenringen behelfen, die darüber hinaus den Vorteil haben, die Qualität der Fotos nicht zu reduzieren – dafür schlucken sie jedoch jede Menge Licht – ein kostbares Gut, insbesondere im Makrobereich. Ohne Stativ kommt man dann meist nicht mehr weiter – und da bei Freilandaufnahmen meist ein laues bis orkanartiges Lüftchen weht, muss man seine Objekte, in meinem Fall Pflanzen, daheim in die sturmfreie Bude bringen.

Dort stellt man die Exponate also in sein ausgeleuchtetes Ministudio und… Moment – hab ich nicht! Selber bauen? Kann ich nicht! Meine zwei linken Hände reichen gerade mal zum Fotografieren aus. Also heißt das Zauberwort: Kaufen. Mann kann schon sagen, dass ich am letzten Sonntag ziemlich „ausgiebig“ war, aber wenn man alles zusammenrechnet: die Zwischenringe, das Stativ und das Ministudio, so liege ich preislich doch deutlich unter dem Lupenobjektiv mit den halben möglichen Vergrößerungen.

Gestern kamen das Stativ und die Zwischenringe an und natürlich konnte ich nicht abwarten und machte schon mal ein paar Probeaufnahmen mit Stativ, Ringen und Zimmerlicht – kann ja nichts schiefgehen, das Stativ ist stabil, man kann die Blende schließen wie einen Klodeckel und die resultierenden 30 sek. Belichtungszeit stören nicht weiter.

Falsch gedacht und auch alles falsch gemacht! Schraubt man nämlich die Blende zu, streut das Licht wie Zucker aus dem Spender. Die Tiefenschärfe nimmt zwar zu, aber das Bild wird nicht scharf. Noch hinzu kommt das Phänomen, dass bei langen Belichtungszeiten das Bild sowieso immer unscharf wird. Warum? Es bewegt sich immer etwas, es sei denn man schnallt die Kamera auf einen Amboss und fotografiert ausschließlich Wackersteine. Zwar leuchtet einem das nicht so richtig ein, aber die Ergebnisse sprechen für sich – möglicherweise stört schon die Bewegung der Erde um die Sonne.

Heute kam das Fotostudio in einem blitzenden Alukoffer an, ausgeklappt sieht es so aus:

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Aufgebaut so:

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Die weiße Box habe ich gleich wieder demontiert, Pflanzen spiegeln das Licht im Allgemeinen nämlich nicht so stark, dass die Lampen hinter Milchglas stehen müssen. Die baue ich höchstens wieder auf, wenn man mir einen blinkenden Orden für „Flora Emslandia“ verleiht und ich euch ein Makro davon zeigen möchte – also nie.

Ohne Box kommt man mit den Lampen ohnehin näher ans Objekt, wodurch man besser ausleuchten kann. Aber bevor ich ausleuchten konnte, besorgte ich mir erstmal einen Dreierstecker mit Verlängerungsschnur und Knetgummi zum Fixieren. Auf dem Rückweg pflückte ich mir ein Zweiglein Cotoneaster dammeri als Versuchskaninchen.

Dann konnte es endlich losgehen: Lampen positioniert, Teppich-Zwergmispel in die Knete gesteckt, rein damit ins Studio, Kamera aufs Stativ, Zwischenringe rein und scharf stellen. Diesesmal wählte ich allerdings eine größere Blende und reduzierte damit die Belichtungszeit. Was soll ich sagen, das Bild wurde scharf:

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Richtig deutlich abgebildet ist allerdings nur vorne der Puschel, die Botaniker unter uns wissen, dass es sich um eingetrocknete Blütenorgane handelt, und der Rest ist Bokeh. Geringe Tiefenschärfe ist der Feind eines jedes Makrofotografen, aber leider nicht vermeidbar, denn wenn man die Blende stark schließt, beugt sich dort das Licht wie am Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs.

Stacking

Um die ganze Frucht scharf zu bekommen, gibt es sogenannte Stacking-Programme. Aber vor dem Stacking hat der liebe Gott den Fleiß gesetzt, man muss nämlich eine Serie von Bildern mit unterschiedlichen Brennpunkten schießen. Die werden dann von dem Programm übereinandergeblendet und die scharfen Anteile beibehalten, der Rest fließt ins Datennirwana.

Jetzt wollte ich es wissen! Nicht nur der Puschel, nicht nur die Frucht, nein, sogar alle Blätter sollten scharf werden. Über 30 Einzelbilder sind es geworden, bei denen die Schärfeebene immer weiter nach hinten verlagert wurde. Dann wurde alles in CombineZP (ein kostenloses Stacking-Programm) eingelesen.

Während das Programm rechnet, kann man gemütlich die Wohnung fegen, abwaschen oder das Studio abbauen und wieder in den Koffer packen. Das Resultat ist fast schon zu scharf geworden. Ein bisschen Bokeh wäre echt besser gewesen, aber das liegt ja in der Hand des Fotografen. Obendrein hatte CombineZP ein paar Fehler eingebaut, die man retuschieren musste, so gut es ging. Hier das Ergebnis:

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Wirkt fast schon zu flach, das Bild, aber ich habe es probeweise auf eine Stockfotografieseite hochgeladen. Ein beliebter Ablehnungsgrund sollte dabei wegfallen:

„Beabsichtigte Unschärfen sollten dem Bild einen Mehrwert verleihen. Ihr Foto sollte sich auf den Gegenstand des Bildes fokussieren. Wenn Sie auf kleinere Ausschnitte fokussieren, vergrößern Sie die Schärfentiefe (DOF), um Unschärfen zu vermeiden.“



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