Noch ein Mauerblümchen

Wer behauptet, dass Korbblütengewächse, die nur gelbe Zungenblüten enthalten, schwer bestimmbar sind? Im Allgemeinen ist da schon was Wahres dran, man denke nur an die vielen verschiedenen Habichtskräuter.




Die Blütenkörbe besitzen beim Mauerlattich nur 5 Zungenblüten

Aber um ein Habichtskraut geht es nicht, sondern um eine Pflanze die fast immer genau 5 Zungenblüten pro Korb entwickelt. Das ist schon etwas besonderes, da die anderen Korbblütler es mit der Zahl ihrer Einzelblüten nicht so genau nehmen.

Auch die „Pusteblume“, also der Fruchtstand, beinhaltet immer 5 Schirmchen. Logisch, denn aus jeder Einzelblüte entsteht ein Samen mit Flugapparat, der in der Fachsprache „Pappus“ genannt wird. Er entwickelt sich aus dem Blütenkelch. Der Plural von Pappus ist übrigens Pappi, eine Mammi oder einen Opi sucht man in der Pflanzenwelt allerdings vergeblich.

Um die Katze aus dem Sack zu lassen: Es handelt sich um den Mauerlattich, der wissenschaftlich Mycelis muralis genannt wird. Muralis ist Latein, heißt auf Mauern wachsend und bezieht sich auf den Standort der Pflanze. Mycelis ist irgendetwas und bedeutet irgendetwas, aber was, das wollte uns der Dichter wohl nicht sagen. Der Dichter ist in diesem Fall natürlich ein Botaniker: Alexandre Henri Gabriel de Cassini, der von 1781 – 1832 lebte. Eben dieser Cassini beschrieb 1824 eine Pflanzengattung, die er Mycelis nannte – und keiner weiß warum!

Der Blütenstand sieht doch fast wie ein Myzel aus

Wat man nich selber weiß, dat muss man sich erklären, so sangen einst Jürgen von Manger und seine Enkelin im Vorabendprogramm, und sie hatten recht. Wie fast jeder weiß, dürfen in der Botanik der Art- und der Gattungsname nicht identisch sein. Muralis muralis wäre also nicht erlaubt gewesen, so dass Cassini den Gattungsnamen eventuell in Richtung Mycelis modellierte.

Aber wir können unsere Fantasie noch weiter schweifen lassen und bringen den Gattungsnamen mit einem Myzel in Verbindung, was das unterirdische Wurzelgeflecht eines Pilzes bezeichnet. Tatsächlich habe ich ein Exemplar entdeckt, dessen Blütenstand verflochten und verwoben aussah, ganz wie ein Myzel eben.

Auch wenn man das Geheimnis um den Gattungsnamen wohl nie wird lüften können, so regt es doch zumindest die Fantasie an, und vielleicht wollte Cassini genau das erreichen.




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