Pestwurzen |

Junger Blütenstand von Petasites hybridus von oben betrachtet

Die Blätter der Gewöhnlichen Pestwurz erscheinen erst nach der Blüte

Habitus von Petasites hybridus
Der Name kam eventuell durch die Ähnlichkeit der sehr großen Blätter mit diesem Hut zustande, oder die Blätter wurden bei Regen wie ein Hut verwendet. Der deutsche Name entstand entweder aus einer Anlehnung an den botanischen Namen, oder er bezieht sich auf die den Pestwurzen nachgesagte Heilkraft gegen Geschwüre.
Die Pestwurzen wurden von Linné 1753 noch unter der nah verwandten Gattung Tussilago (Huflattich) geführt. Philip Miller etablierte die neue Gattung 1754 in der 4. Auflage seines Werks The Gardeners Dictionary Vol. 3.
Die knapp 20 Arten zählende, in Eurasien und Nordamerika vorkommende Gattung besteht aus ausdauernden, unvollständig zweihäusigen, krautigen Pflanzen mit aufrechten, unverzweigten Stängeln und dickem Wurzelstock. Die Grundblätter, die meist erst nach den Blütenständen erscheinen, sind einfach, lang gestielt, rund, eiförmig, herzförmig oder dreieckig mit gelappten, gezähnten oder glatten Rändern und unterseits oft filzig behaart. Die Stängelblätter sind meist schuppenförmig, sitzend und halbstängelumfassend.
Die ausschließlich aus weißlichen, rosafarbenen, violetten oder selten gelben Röhrenblüten bestehenden, oder randlich etwa 30–130 Strahlenblüten tragenden, in schirmrispigen, rispigen oder traubigen Köpfchenständen versammelten, selten einzeln stehenden Blütenkörbe sind unvollständig getrenntgeschlechtlich.
Die vorwiegend männlichen Blütenkörbe enthalten im Zentrum bis zu 80 5-zähnige Staubblüten und am Rand manchmal bis zu 70 sterile oder neutrale, fadenförmige, weibliche Blüten, die auch fehlen können. Selten sind die inneren Blüten zwittrig.
Vorwiegend
weibliche Blütenkörbe enthalten meist zahlreiche
weibliche, fruchtbare, fadenförmige Blüten, wobei sich im Zentrum bis
zu 12 5-zähnige Staubblüten befinden können. Die Randblüten sind bei
einigen Arten als Zungenblüten ausgebildet. Einzelblüten am Grund ohne
Spreublätter, Körbchenboden flach bis gewölbt, kahl und grubig.
Die meist um die 15, in meist 2 Reihen angeordneten Hüllblätter sind schmal länglich bis linealisch, etwa gleich groß, manchmal miteinander verwachsen und mehr oder weniger schmal hautrandig. Sie bilden eine verkehrt kegelförmige Hülle.
Nach Insektenbestäubung entwickelt sich aus den Stempelblüten eine schmal zylindrische oder leicht spindelförmige, 5- bis 10-rippige Nussfrucht (Achäne), an der Spitze mit einem einzelnem Kreis von 60–100 haarähnlichen, weißen, manchmal bärtigen Borsten. Auch die Staubblüten entwickeln einen Pappus aus wenigen Haaren.
Blütenformel meist: |
außen:
* oder ↓ K=Pappus C(5) A0 G(2) unterständig innen: * K=Pappus [C(5) A5(verklebt)] G0 |
Historische Veröffentlichungen
Dioskurides (1. Jh. n. Chr.) schrieb über Petasites, es sei ein über einen halben Meter großer, daumendicker Spross. Die Blätter seien schirmförmig und würden sich wie Pilze ausbreiten. Als Umschlag würden sie gegen bösartige Geschwüre helfen.Hildegard von Bingen (1098–1179) empfahl die Pestwurz gegen Skrofeln (Geschwüre im Gesichts- und Halsbereich). Das Blatt mit Honig bestrichen sollte drei Tage auf die Skrofeln gelegt werden, bevor sie aufbrechen. Am 4. Tag solle man das Blatt wechseln und an den darauffolgenden 9 Tagen Akelei und ein Gemisch aus Weizenmehl und Honig verwenden.
Leonhart Fuchs (1501–1566) schrieb, die Pestilenzwurz würde auch „Bletzen" genannt und auf Griechisch bzw. Latein Petasites. Zuerst würden die Blüten erscheinen, die ohne Früchte mit dem Stängel verwelken würden. Dann bildeten sich die grauen Blätter, die zuerst an einen Pferdehuf erinnerten, dann aber würden sie so groß, dass man damit einen kleinen Tisch bedecken könne.
Getrocknet und zu Pulver vermahlen und in Geschwüre gestreut, würde es diese heilen. Die Wurzel würde beim Menschen und bei Pferden Würmer austreiben, sei harntreibend und heile nässende Wunden.
Bedeutung des Artnamens
- hybridus: lat. hybrida = Hybrid, Mischling (Die Blütenkörbe männlicher oder weiblicher Pflanzen beinhalten immer auch Blüten des anderen Geschlechts)
Interessantes am Rande
Da die Wurzeln der Pestwurzen übel riechen, wurde im Mittelalter angenommen, sie würden gegen die Pest helfen. Dazu wurde das Rhizom gekocht und dem Kranken zu essen gegeben.
Aus den Blättern kann ein schweißtreibender, husten- und krampflösender Tee zubereitet werden, der heute wegen krebserregender Substanzen allerdings nicht mehr empfohlen wird.
Die großen Blätter lassen sich bei einem Spaziergang als Regen- oder Sonnenhüte verwenden.