Flora Emslandia - Pflanzen im Emsland

Natternkopf

Echium vulgare, Gewöhnlicher Natternkopf

Echium-Blüten erinnerten antike Autoren an einen Schlangenkopf


Echium vulgare, Gewöhnlicher Natternkopf

Habitus des Gewöhnlichen Natternkopf (Echium vulgare)


Pontechium maculatum, Echium russicum, Roter Natternkopf

Der Rote Natternkopf, ehemals Echium russicum, wurde im Jahr 2000 in die monotypische Gattung Pontechium verschoben

 

Echium Linné: Echis ist die altgriechische Bezeichnung für die Schlange und bezieht sich wie der deutsche Name auf die Blütenform. Der gespaltene, aus der Blüte herausragende Griffel erinnert an eine Schlangenzunge. Aus diesem Grund wurde Echium im Altertum gegen Schlangenbisse eingesetzt, denn nach der sog. Signaturenlehre zeigte die Form von Pflanzenteilen an, worin ihre Heilkraft bestand.

Etwa 40 Arten umfasst die Gattung. Sie kommt in Europa, Afrika, Westasien und auf den Inseln Makaronesiens vor. Einige Arten existieren ausschließlich auf den Kanarischen Inseln.

Bei den Natternköpfen handelt es sich um ein-, zwei- oder mehrjährige bzw. ausdauernde Kräuter oder Sträucher mit borstigen Haaren. Die Blätter sind ungeteilt, linealisch bis lanzettlich und wechselständig. Die radiärsymmetrischen bis leicht zygomorphen, tiefgelappten Blüten stehen in Wickeln. Die Staubblätter inserieren unterhalb der Kronröhre und sind von dieser eingeschlossen oder länger als diese. Die Griffel schauen aus den Blüten heraus, der Fruchtknoten ist oberständig.

Blütenformel:
* bis ↓ K(5) [C(5) A5] G(2) oberständig

Die Früchte sind die für Boraginaceen typischen Klausenfrüchte.

In Deutschland vertritt nur die Art Echium vulgare die Gattung. Der Gewöhnliche Natternkopf ist eine alte Heilpflanze, die heute wegen ihrer giftigen Pyrrolizidinalkaloide kaum noch innerliche Anwendung findet. Auf die Haut aufgetragen soll der Saft oder ein Brei aus den Blättern bei Reizungen oder gegen Abszesse und Furunkel wirken.

Adaptive Radiation und Vikarianz

Die Gattung Echium liefert ein schönes Beispiel für einen Vorgang, der als „adaptive Radiation" bezeichnet wird: Das Gebiet der Makaronesischen Inselgruppen (Azoren, Kanaren, Madeira, Cape Verde und die Salvage-Inseln), die alle vulkanischen Ursprungs sind, entstand vor ca. einer Million (El Hierro) bis vor 21 Millionen Jahren (Fuerteventura). Auf diesen Inseln existieren über 25 verschiedene Natternkopf-Arten, die ausschließlich dort vorkommen und sonst nirgends auf der Welt (Endemiten).

Vor ca. 3,5 Mio. Jahren, im Pliozän, besiedelte der gemeinsame Vorfahre dieser Arten die Kanarischen Inseln. Vermutlich stammte er aus Nordafrika. Dieser Urahn ist inzwischen längst ausgestorben, aber seine Nachfahren fächerten sich in relativ hoher Geschwindigkeit in verschiedene Arten auf und besiedelten unterschiedliche ökologische Nischen.

Diese „Evolution im Zeitraffer" war nur möglich, da auf diesen Inseln keine Fraßfeinde bzw. Parasiten vorkamen und die Kanaren zu jener Zeit wohl ziemlich dünn besiedelt gewesen sein dürften, sodass wenig Konkurrenz von Seiten anderer Arten vorhanden war. Zudem boten die Makaronesischen Inseln viele verschiedene Lebensräume in Bezug auf die Böden, das Licht, die geographische Höhe und die Feuchtigkeit des Standorts. Durch kleinere Mutationen stellten sich die Pflanzen ganz allmählich auf die verschiedenen geologischen und ökologischen Faktoren ein und bildeten neue Formen.

Ein weiterer, als „Vikarianz" bezeichneter Vorgang, förderte ebenfalls die Artbildung. Durch die Insellage konnten sich keine Pflanzen aus dem Festland einkreuzen. Aus Samen, die auf benachbarte Inseln gelangten, konnten sich wieder große Populationen bilden, die sich wiederum in einer isolierten Lage befanden und sich darum genetisch immer weiter von ihren Vorfahren entfernten.

Hinzu kamen vermutlich Naturkatastrophen wie Überflutungen oder Vulkanausbrüche, die die Populationen räumlich voneinander trennten, so dass der genetische Austausch unterbrochen wurde. Alle diese Faktoren führten in wenigen Millionen Jahren zur Bildung vieler neuer Arten aus wohl nur einer einzigen Pflanze.

Historische Veröffentlichungen

Dioskurides (1. Jh. n. Chr.) berichtet über Echion (Echium rubrum oder Anchusa arvensis), es würde auch Doris oder Alkibiadion genannt. Die Blätter würden denen der Anchusa (Alkanna tinctoria) ähneln, besäßen aber anliegende Borsten. Die Blüten seien purpurfarben bis dunkelrot. In den Blüten befänden sich die einem Vipernkopf ähnlichen Früchte. Die Wurzel, mit Wein getrunken, helfe gegen Schlangenbisse und verhüte solche (vgl. Gattung Anchusa).

Ebenso erwähnt er die Lykopsis (Echium italicum oder Anchusa arvensis). Sie würde von einigen Anchusa genannt. Er beschreibt die Blätter als lattichartig und weist auf die Rauheit von Stängel und Blättern hin. Die Wurzel sei rot und wirke mit Öl vermischt positiv auf die Wundheilung, mit Grütze vermischt gegen Rosazea.

Auch den Ausgebreiteten Natternkopf (Echium diffusum) beschreibt Dioskurides. Er habe sehr lange rote Wurzeln. Diese und die Blätter würden ein giftiges Tier töten, wenn man sie zerkaut in ihr Maul speien würde.

Plinius (ca. 23–79 n. Chr.) bezeichnet Echium vulgare als „falsche Anchusa". Die „echte Anchusa" (Alkanna tinctoria) würde Öl eine rote Farbe verleihen. Über Echium rubrum und E. italicum schreibt er ähnliches wie Dioskurides.

Bedeutung des Artnamens

Interessantes am Rande