Sandrapunzeln, Sandglöckchen |

Jasione montana mit nahendem Blütenbesucher
„Und auch die Jasione wird als wildes Gemüse aufgefasst. Sie kriecht auf der Erde, ist voll mit Milch(saft) und trägt eine weiße Blüte die Concilium genannt wird. Diese Pflanze hat den Vorzug, den Geschlechtsverkehr zu stimulieren. Roh mit Essig verzehrt zur Speise bewirkt es ein reiches Angebot von Milch bei stillenden Müttern. Es heilt solche, die an Schwindsucht leiden. Angewendet auf dem Kopf von Babys, ernährt es die Haare und macht sie haltbar.“
An anderer Stelle steht folgendes: Iasione unum folium habet, sed ita implicatum, ut plura videantur (Die Jasione besitzt nur ein einziges Blatt, das so gefaltet ist, dass es wie viele aussieht).
Diese Texte bewogen Linnè 1753 wohl dazu, das Sandglöckchen mit dem Gattungsnamen Jasione zu versehen. Einiges spricht dafür, dass Plinius wirklich das Sandglöckchen gemeint hat, nämlich dass man es notfalls als Gemüse verwenden kann, das Vorhandensein von Milchsaft und die Blüte namens „Concilium“, was mit „Zusammenkunft“ übersetzt werden kann (das Köpfchen besteht aus mehreren Einzelblüten).
Dass die Blüten weiß sind, ist allerdings eher selten, meist sind sie hellblau. Der kriechende Stängel ist ebenfalls untypisch, allenfalls bei Jasione montana var. litoralis sind die Stängel niederliegend, und auch das merkwürdig gefaltete Blatt will nicht wirklich zum Sandglöckchen passen. Auch wird dem Sandglöckchen keinerlei Heilwirkung nachgesagt (gr. iasis = Heilung). Die deutsche Bezeichnung weist auf den Lebensraum und die Verwandtschaft zu den Glockenblumen hin.
Bei den 15 Arten umfassenden Jasionen handelt es sich um zweijährige bis ausdauernde, krautige Pflanzen. Der Stängel ist liegend, aufsteigend oder aufrecht und meist behaart, wenn verzweigt dann meist in der unteren Hälfte. Die wechselständigen Blätter sind ungeteilt, meist ganzrandig, länglich und reichen bis zur Stängelmitte oder bis dicht unter den Blütenstand.
Die Blüten stehen in Köpfchen, die von einigen Hochblättern umgeben sind. Sie sind 5-strahlig, die Kron- und Kelchblätter sind nicht verwachsen. Die Blüten sind meist kurz gestielt, besitzen einen aus zwei Fruchtblättern verwachsenen Fruchtknoten und 5 Staubblätter, deren Staubbeutel am Grund bei fast allen Arten verwachsen sind, so dass sie einen geschlossenen Ring bilden. Wichtig für die Bestimmung ist die Beschaffenheit und Behaarung der Kelchblätter.
Blütenformel: |
* K5 C5 A5 G(2) unterständig |
Wie für die Glockenblumengewächse typisch, sind die Blüten vormännlich. Durch den geschlossenen Ring aus Staubbeuteln schiebt sich schon in der Knospe der mit Fegehaaren besetzte Griffel, so dass die Pollen daran hängen bleiben, danach welken die Staubblätter und die Fegehaare vertrocknen. Daraufhin entfaltet sich die zweilappige Narbe. Selbstbestäubung kommt nicht vor. Aus dem Fruchtknoten entwickelt sich, im Gegensatz zu den Korbblütlern, eine eiförmige Kapsel, die sich oben mit zwei Poren öffnet und die kleinen, glänzenden und harten Samen bei Wind verstreut. Die Gattung ist in Europa und Nordwestafrika beheimatet, an einigen Stellen in Nordamerika eingebürgert.
Historische Veröffentlichungen
Neben der schon erwähnten Überlieferung des Plinius taucht schon bei Theophrast (371–287 v. Chr.) der Name Iasione auf, will dort aber nicht auf das Sandglöckchen passen. Man vermutet heute ein Windengewächs dahinter.
Bedeutung des Artnamens
- montana: lat. montanus = Berg-
Interessantes am Rande
Jasione laevis, das Ausdauernde Sandglöckchen, wird als Zuchtform mit dem Zusatz 'Blaulicht' oder 'Blue light' gehandelt.
1990 wurde das Berg-Sandglöckchen von der „Stiftung Naturschutz Hamburg und Stiftung zum Schutze gefährdeter Pflanzen“ zur Blume des Jahres erklärt. Die in Süddeutschland regional bedrohte Art wächst auf Sandtrockenrasen – ein Lebensraum der leider häufig durch Düngung für die Landwirtschaft nutzbar gemacht wird.