Veilchen, Stiefmütterchen |

Gartenstiefmütterchen gibt es in allen Farben

Violette Stiefmütterchen
Die Gattung Viola kann man in Veilchen und Stiefmütterchen unterteilen. Bei den Veilchen sind 3 Kronblätter nach unten und 2 nach oben gerichtet.
Bei den Stiefmütterchen sind vier Kronblätter nach oben gerichtet. Das untere, unpaarige, größte und oft auffällig gezeichnete Kronblatt symbolisiert die „Stiefmutter", sie sitzt auf 2 Stühlen (Kelchblätter), rechts und links daneben befinden sich die „Töchter" auf je einem Stuhl und ganz oben, am weitesten entfernt von der „Stiefmutter" und oft einfarbig, sitzen die beiden „Stieftöchter", die sich einen Stuhl teilen müssen. Die Kronblätter der Stiefmütterchen überdecken sich gegenseitig.
Die Vertreter der über 400 Arten umfassenden Gattung sind ausdauernde, selten einjährige Kräuter, mit Wurzelstock oder überirdischen Ausläufern, selten Halbsträucher. Die Blätter stehen in einer basalen Rosette. Die Stängelblätter sind wechselständig. Alle Blätter sind gestielt, ungeteilt und mit Nebenblättern. Die Blattränder sind gekerbt, gezähnt oder glatt, der Blattgrund oft gebuchtet oder herzförmig.
Die Blüten stehen einzeln, sind gestielt, zygomorph und besitzen 5 Kronblätter, der Blütenstiel ist oben gebeugt. Die Blütenfarben sind blau, violett, weiß, gelb oder mehrfarbig. Das untere Kronblatt ist deutlich gespornt, im Sporn sammelt sich Nektar. Die 5 Kelchblätter besitzen oft ein nach hinten gerichtetes, krautiges Anhängsel an der Basis. Die Staubblätter besitzen einen sehr kurzen Stiel, so dass die Staubbeutel dicht gedrängt um den Stempel stehen. Der Stempel ist oft S-förmig gebogen, die Frucht eine Kapsel, mit 3 Klappen aufspringend. Die Samen besitzen einen Arillus (fleischiger Samenmantel, der von Ameisen gefressen wird). Die Blüten werden von Bienen und Schmetterlingen besucht.
Blütenformel: |
↓ K5 C5 A5 G(3) oberständig |
Die Früchte der Gattung sind aus 3 Fruchtblättern gebildet. Bei der Reife richtet sich die Kapsel auf, die Fruchtblätter verformen sich kahnförmig und springen bei Trockenheit an ihren 3 Verwachsungsstellen von oben nach unten auf, so dass sie horizontal zu liegen kommen. Durch weitere Verformung der Fruchtblätter werden die eiförmigen, glatten Samen herausgepresst. Ameisen sorgen für die weitere Verbreitung.
Die größte Artenzahl besitzt die Gattung in den gemäßigten Zonen der nördlichen Halbkugel und in tropischen Gebirgen.
Kleistogamie
Manche Arten bilden im Sommer geschlossene Blüten, manchmal ohne Kronblätter, die sich selbst bestäuben. Zum Blühen benötigen Veilchen Temperaturen unter 8 °C, ansonsten bleiben die Blüten geschlossen. (Kleistogamie = „geschlossene Hochzeit"). Das Duft- bzw. März-Veilchen bildet fast ausschließlich Samen aus kleistogamen Blüten.
Historische Veröffentlichungen
Schon Plinius (ca. 23–79 n. Chr.) unterschied wilde und Garten-Veilchen und schreibt ihnen viele verschiedene Heilkräfte zu. So soll ein geflochtener Kranz aus Veilchen gegen Rausch und Kopfschmerzen helfen.
Dioskurides beschreibt im 1. Jh. n. Chr. das Duftveilchen (Viola odorata), das er purpurfarbenes Ion nennt. Die Römer würden es Viola purpurea nennen. Unter anderem empfiehlt er es, wie übrigens auch Plinius, als Mittel gegen Epilepsie bei Kindern.
Hildegard von Bingen (1098–1179) kannte zahlreiche Rezepte gegen allerlei verschiedene Krankheiten auf der Basis des Duftveilchens, z. B. gegen Augenleiden, Depressionen und sogar gegen Krebs.
Leonhart Fuchs (1501–1566) schreibt über die „Mertzen Violen", sie würden auf Griechisch Ion porphyron und auf Lateinisch Viola muraria vel purpurea genannt. Über ihre Blüten schreibt er, sie seien wohlriechend und blau. Jede habe gewöhnlich fünf Blättchen. Das Mittlere trage inwendig ein hohles Hütchen und sei mit einem gelben Tröpfchen besprengt.
Über das „Freyschamkraut" (Viola tricolor) berichtet er, es würde auch Dreifaltigkeitsblume genannt, wegen der dreifarbigen Blüten. Er unterscheidet wilde und zahme Pflanzen. „Freyschamkraut" heiße es deswegen, weil es gegen die „Freysch" (Epilepsie) bei Kindern wirke.
Bedeutung der Artnamen
- arvensis: lat. arvensis = zum Acker gehörend
- bavarica: lat. bavarica = Bayern (hat in Bayern große Verbreitung)
- riviniana: nach dem Botaniker August Quirinus Rivinus (1652–1723)
- odorata: lat. odoratus = wohlriechend, duftend
- tricolor: lat. tricolor = dreifarbig
Interessantes am Rande
Die mehrjährigen blauen und violetten Veilchen mit Wurzelstock und beblättertem Stängel, kreuzen sich häufig und sind dann sehr schwer zu bestimmen. In manchen Fällen sind diese Pflanzen steril.
Das Bastard-Wald-Veilchen (Viola x bavarica) wird in Norwegen, England und den Niederlanden nicht so häufig angetroffen wie bei uns. Das ist auf unterschiedliche Charakterisierungen der Arten zurückzuführen. Bei unseren Nachbarn „darf" ein Hain- oder Wald-Veilchen ruhig einmal einen hellrosa Sporn besitzen, wenn die anderen Merkmale übereinstimmen und die Pflanzen nicht steril sind.
Reichenbach unterschied als erster das Hain-Veilchen vom Wald-Veilchen und benannte es nach dem Leipziger Botanik-Professor Bachmann (lateinisiert Rivinus). Der französische Botaniker Claude Thomas Alexis Jordan (1814–1897) beschrieb 1857 das Wald-Veilchen wissenschaftlich exakt und nannte es Reichenbach zu Ehren Viola reichenbachiana.
Viola x wittrockiana (Garten-Stiefmütterchen) ist eine häufig kultivierte Zierpflanze, zu deren Vorfahren u. a. das Wilde Stiefmütterchen zählt, manchmal kommt es zu Vermischungen zwischen Zierpflanzen und Wildformen.
Der Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe verstreute bei seinen Spaziergängen um Weimar Veilchensamen, die er stets mit sich führte, um so die Welt zu verschönern.
Zum Schutz vor spätem Frost lagern Veilchen und Stiefmütterchen Glycerin als natürliches Frostschutzmittel in in die Zellen ein.
Bei Kälte wechseln Veilchen die Farbe. Hellviolette werden blau und blaue Veilchen werden graublau (Wetterpflanze).