Wolfsmilch |

Vielstrahlige Scheindolde der Esels-Wolfsmilch

Habitus der Zypressen-Wolfsmilch

Die Zottige Wolfsmilch (Euphorbia villosa) kommt in Deutschland ausschließlich in Passau wild vor
Der deutsche Name bezieht sich auf den giftigen Milchsaft. Der „Wolf" vor der Milch soll etwas geringes bzw. niedriges andeuten, ähnlich wie „Hunds-" (Hundsrose, hundsgemein).
Die bis zu 2000 Arten zählende, bis auf die Polarregionen weltweit vertretenen Euphorbien sind ein- oder selten zweihäusige, Milchsaft führende, oft sukkulente, einjährige bis ausdauernde Kräuter, Sträucher oder Bäume. Untere Blätter oft wechselständig, Hüllblätter des Blütenstands oft quirlförmig. Alle Blätter meist sitzend oder sehr kurz gestielt, ungeteilt, ganzrandig oder gezähnt
Die achselständigen oder in einer Scheindolde stehenden Blütenstände (Cyathien) bestehen aus einer weiblichen Blüte und einigen männlichen. Sie werden von einer oft 5-lappigen Hülle umgeben. Zwischen den Lappen stehen 1–5 Nektardrüsen. Die männlichen Blüten bestehen nur aus dem Blütenstiel und einem einzigen, 2 Staubbeutel tragenden Staubblatt. Die weibliche Blüte besteht nur aus einem aus 3 Fruchtblättern verwachsenen Fruchtknoten auf einem Blütenstiel, der sich zur Fruchtzeit verlängert. Der Fruchtknoten trägt 3 Griffel, die am Grund verbunden sein können, oft sind die Narben gespalten. Die 3-teiligen, aufspringenden, holzigen oder knorpeligen Früchte entlassen 1–3 oft runzelige, dünnschalige Samen.
Blütenformel: |
♀
* P0 G(3) ♂ * P0 A1 |
Einige in afrikanischen Wüstengebieten heimische Euphorbien zeigen Stammsukkulenz und Dornenbildungen, so dass sie ähnliche Lebensformen ausbilden wie die hauptsächlich in Südamerika ansässigen Cactaceen. Die Entwicklung von Übereinstimmungen von nicht näher verwandten Lebewesen im Zuge einer Anpassung an ähnliche Umweltbedingungen nennt man Konvergenz. Die konvergenten Merkmale werden Homoplasien genannt.
Historische Veröffentlichungen
Dioskurides (1. Jh. n. Chr.) berichtet vom Euphorbion (evtl. Euphorbia resinifera), es sei ein libyischer Baum, voll des scharfen Saftes, der von den Einwohnern gefürchtet sei. Er würde von der Bevölkerung gewonnen, indem sie Mägen von Schafen um den Stamm herum binden würden, um ihn dann mit Speeren zu bewerfen. Der Saft würde auf diese Weise austreten und sich in den Mägen sammeln. Die Entdeckung des Saftes würde König Juba zugeschrieben. Dioskurides beschreibt einige Wirkungen des stark brennenden Saftes, der mit Honig verdünnt z. B. gegen Ischias oder unterlaufene Augen wirken soll.
Über das Hippophaes (Euphorbia spinosa, Dornige Wolfsmilch) schreibt Dioskurides, es würde von den Römern auch Lappago oder Lappolamera genannt. Es sei ein verzweigter, dorniger Busch, der am Wasser oder an sandigen Stellen wachse, mit Dolden ähnlich denen des Efeus. Ihre Wurzel nutze man zur Saftgewinnung. Die Wirkung sei ähnlich wie die von Thapsia (reinigende, Abführende Kräfte). Dioskurides beschreibt noch 12 weitere Euphorbien, sowie sieben Tithymalos genannte Arten, (darunter Lathyris) deren Saft zu ähnlichen Zwecken verwendet wurde – zum sog. Purgieren (innerliche Reinigung).
Viele Krankheiten wurden in der Antike mit einem Ungleichgewicht zwischen Körpersäften erklärt. Das Purgieren diente dabei zur „Entschlackung" des Körpers. Von „Entschlacken" wird auch heute noch in der Alternativmedizin gesprochen, obwohl bis heute keine Schlacken im Körper nachgewiesen werden konnten.
Hildegard von Bingen (1098–1179) schrieb über die „Wulffesmilch" (Euphorbia esula, Esels-Wolfsmilch), sie gelte als Gift und könne nur, bestimmten Getränken zugegeben, bei verhärtetem Magen helfen, sodass das vorhandene Übel von einem anderen Übel vertrieben werde.
Die „Brachwurtz" (Euphorbia helioscopia), Sonnenwend-Wolfsmilch, empfiehlt die hl. Hildegard in Wein gekocht oder als Pulver gegen Gicht.
Die „Springwurtz" (Euphorbia lathyris, Kreuzblättrige Wolfsmilch) sei pulverisiert und mit Süßholzpulver vermischt ein leichtes Abführmittel.
Leonhart Fuchs (1501–1566) schreibt über „Sprinkörner" (Euphorbia lathyris), es werde von den Lateinern Lathyris genannt. Sie würde Nüsse bilden, die zuerst austrocknen und dann unter Einwirkung von Sonnenhitze mit einem Knall aufplatzen würden. Die Wirkung der Früchte oder der gekochten Blätter sei reinigend, sie würden Schleim, Galle und Wasser austreiben. Äußerlich angewendet wirke der Milchsaft gegen bösartige Warzen und Flechten.
Ähnliche Wirkungen schreibt Fuchs auch der „Teuffelßmilch" (Euphorbia peplus, Garten-Wolfsmilch) zu, außerdem erweiche sie den Bauch.
Des weiteren beschreibt er drei „Geschlechter" der Wolfsmilch, die von den Griechen Titymalus und von den Römern Lactaria genannt würden und zu seiner Zeit „Esulae" hießen. Es sind die Sonnenwend-, die Zypressen- und die Breitblättrige Wolfsmilch (E. helioscopia, E. cyparissias und E. platyphyllos). Da diese ätzend und brennend seien, solle man sie besser nur äußerlich gegen Hautkrankheiten einsetzen.
Bedeutung der Artnamen
- cyparissias: gr. kyparissos = Zypresse (Blätter)
- epithymoides: gr. epi = auf, gr. thymus= Thymian (wächst dort, wo Thymian wächst)
- esula: evtl. von gr. oisos = Strauchweide (bezöge sich auf die Blätter)
- lathyris: Pflanzenname von Dioskurides für die Kreuzblättrige Wolfsmilch
Interessantes am Rande
Eine weltbekannte Zierpflanze ist Euphorbia pulcherrima, der Weihnachtsstern. Er wird sowohl mit roten als auch mit weißen Hochblättern angeboten.
Nicht ganz so bekannt ist der Christusdorn (Euphorbia milii). Es handelt sich um einen dornigen Zwergstrauch der in vielen Varietäten angeboten wird.
Einige kaktusähnliche Euphorbien werden als sukkulente Zimmerpflanzen angeboten. Wer sich nicht sicher ist, ob er es mit einem Kaktus oder einer Wolfsmilch zu tun hat, kann die Pflanze mit einer Nadel anstechen. Tritt Milchsaft aus, ist es eine Euphorbie, oder seltener, ein Hundsgiftgewächs.
Der Eselswolfsmilch-Glasflügler (Chamaesphecia tenthrediniformis) legt seine Eier hauptsächlich an den Blättern der Esels-Wolfsmilch (Euphorbia esula) ab. Die Larven des Falters leben im Wurzelstock und verpuppen sich im Herbst.
Die Kreuzblättrige Wolfsmilch (Euphorbia lathyris) soll angeblich Wühlmäuse vertreiben können.
Die Zypressen-Wolfsmils (Euphorbia cyparissia) wird manchmal von einem Rostpilz (Uromyces pisi) befallen. Er erzeugt nicht nur Flecken auf der Blattunterseite, sondern modifiziert auch den gesamten Habitus der Pflanze.